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Wir vom P-Seminar „Der nachhaltige Kleiderschrank“ haben uns ein Jahr lang intensiv mit der Modeindustrie und dem Upcycling von Kleidung befasst. Am 18.10.2023 haben wir an einem Aktionstag unsere Arbeiten präsentiert und nochmal umfassend über das Thema informiert: Für die Schüler:innen des LG gab es am Vormittag eine Modenschau in der Aula und am Nachmittag haben wir allen interessierten nochmal die Modelle und die dahinter liegende Konzeption ausführlich vorgestellt.

Im Seminar haben wir in zwei Teams gearbeitet. Eine Gruppe hat aus alten Kleidern und Textilien neue entworfen und genäht, die andere hat Informationen über die Modeindustrie gesammelt, aufbereitet und Alternativen zum gängigen Konsumverhalten recherchiert. Diese haben wir dann im Verlauf von 11/2 in mehreren Schritten zu einer Ausstellung im Schulhaus aufbereitet.

Fritzi Konrath und Louise Hesse haben als Infoteam kompetent gezeigt und erklärt, welche ökologischen und sozialen Probleme die Modeindustrie verursacht und dass wir unbedingt mehr Slow Fashion brauchen. Die Bekleidungsindustrie produziert z.B. 10% der weltweiten Treibhausgasemissionen (mehr als internationale Flüge und Seeschiffahrt zusammen!). Davon entfällt ein großer Anteil auch auf unsere Nutzung zuhause.

Dadurch, dass wir viel zu viel konsumieren, produzieren wir eine riesige Menge Müll, der meist nicht recyclebar ist, da so viele Kleidungsstücke in der Fast Fashion aus billigem Fasermix mit viel Polyester (=Plastik) produziert werden. Die meisten Fast Fashion Kleider sind auch nicht als Secondhand-Ware geeignet, weil sie durch die Schnelligkeit, in der sie produziert werden, meist von schlechter Qualität sind. Schnelle Mode ist meistens ein Wegwerf-Produkt mit sehr kurzer Lebenszeit. Noch dazu gelangt beim Waschen dieser Polyester-Kleidung jedes Mal ein kleiner Teil des Abriebs von den Polyester-Fasern als Mikroplastik ins Meer und belastet dort die Tiere. Letztendlich schaden wir damit wieder uns selbst, denn am Ende der Nahrungskette im Meer stehen wir Menschen.

Wir haben erfahren, dass auch das Nutzen scheinbar natürlicher Fasern wie Wolle und Baumwolle problematisch ist, wenn bei der Herstellung nicht auf entsprechende Standards geachtet wird. Beispielsweise werden Merinoschafe, deren Wolle genutzt wird, in konventioneller Haltung gequält (Stichwort „Mulesing“) und der klassische Baumwollanbau für unsere Jeans und T-Shirts verschlingt Unmengen an Wasser und Pestiziden, die großen Schaden anrichten.

Ein weiterer riesiger Schwachpunkt sind die sozialen Probleme. Die Textilarbeitenden, häufig Frauen und Kinder, werden ausgebeutet und unterdrückt, bezahlen mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben, weil sie oft ohne jeglichen Arbeitsschutz lange Stunden unter unmenschlichen Bedingungen und zu einem Hungerlohn schuften müssen. Proteste werden teilweise blutig niedergeschlagen, die Bildung von Gewerkschaften wird verhindert und die Konzernspitzen der großen Unternehmen schieben die Verantwortung auf die lokalen Produktionsfirmen ab, die als Subunternehmer für sie arbeiten. Dafür brauchen wir dringend ein strengeres Lieferkettengesetz. Auch die lokalen Regierungen müssen in die Verantwortung genommen werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass weiterhin andere Menschen, Tiere und die Umwelt den Preis für unsere billige Mode bezahlen müssen. Mode soll Spaß machen – für alle!

Auch was jede und jeder Einzelne von uns für mehr Nachhaltigkeit und gegen die ganzen Probleme tun kann, die mit dem (ultra)schnellen Konsum von Kleidung verbunden sind, haben Fritzi und Louise anschaulich dargestellt. Die wichtigsten Tipps sind:

  • secondhand, ökologische, faire und schadstoffarme Kleidung kaufen
  • auf gute Qualität, Ökosiegel und Tierwohl achten
  • nicht jedem Trend folgen
  • sich eine Capsule-Wardrobe zulegen
  • Kleidung länger tragen und schonend behandeln
  • weniger waschen und bügeln
  • statt Wäschetrockner die Leine nutzen 
  • selber nähen, reparieren und umändern
  • tauschen, ausleihen, verschenken oder weiterverkaufen

Falls Kleidungsstücke gespendet werden, muss man beachten, dass sie auf keinen Fall in unseriösen Containern landen, da das Geschäft mit den Altkleidern im schlimmsten Fall die Textilindustrie ganzer Länder zerstören kann, wenn der Markt dort mit unseren Billigklamotten überschwemmt wird!

Wenn man seinen Aktionsradius erweitern will, hilft es natürlich auch, Informationen zu verbreiten und über das Thema zu sprechen, damit möglichst viele Menschen Bescheid wissen und ebenfalls aktiv werden können. Und es gibt immer die Möglichkeit, Druck auf die großen Fashion-Unternehmen zu machen, indem man nachfragt, wie ihre Kleidung produziert wird. Es gibt bereits eine ganze Menge an Initiativen und Zusammenschlüssen von Modeaktivisten und -aktivistinnen, die genau hier ansetzen. Die Leute vom Verein Fashion Revolution e.V. machen hier z.B. tolle Arbeit mit ihrer Kampagne #whomademyclothes. Der Fashion Council Germany e.V., der mit uns am LG das Projekt „Generation Zukunft“ gemacht hat, beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema Nachhaltigkeit in der Modebranche. (Wir haben darüber bereits berichtet.)

Es wird auch geforscht und überlegt, welche Konzepte und Maßnahmen im größeren Maßstab sinnvoll sind, da gibt es z.B. Lederersatzstoffe, die aus Pilzmyzel oder Resten der Apfelproduktion hergestellt werden, es gibt Polyesterfasern, die komplett kreislauffähig sind und Unternehmen entwickeln Labels, die genau anzeigen, aus welchem Material die entsprechenden Kleidungsstücke hergestellt wurden, sodass sie komplett recycelt werden können. Auch mit anderen Stoffen wird experimentiert, man kann statt Baumwolle z.B. auch Fasern aus Hanf und Brennnesseln nutzen.

Es gibt eine große Bandbreite an Berufen, die sich mit diesen Themen beschäftigen und wo man an den Lösungen mitarbeiten kann, sei es z.B. als Chemiker:in, Produktentwickler:in oder Designer:in, an allen Stellen der Produktions- und Lieferkette brauchen wir Veränderungen! Die Probleme werden wir letztendlich nur lösen, wenn wir weniger, bewusster und ökologischer konsumieren und produzieren. Das Ziel muss sein, weg von der linearen hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen.

Wir im P-Seminar haben also zuerst einmal daran gearbeitet, das Wissen über die Probleme und vor allem die Lösungsansätze auf der Ebene des Individuums und unseres näheren sozialen Umfelds zu verbreiten. Außerdem haben wir uns selbst beigebracht, wie wir unsere Fähigkeiten im Nähen und Upcycling von Kleidung erweitern und einsetzen können, um damit alle Textilien, auf die wir selbst Einfluss haben, länger im Kreislauf zu halten und so unseren Ressourcenverbrauch zu minimieren. Wir waren dabei nicht nur handwerklich und nachhaltig aktiv, sondern auch künstlerisch und kreativ. Es hat vor allem großen Spaß gemacht, unsere eigenen Werke zu schaffen und zu präsentieren. Die meiste kreative Inspiration dazu haben wir durch unseren Besuch bei der Deutschen Meisterschule für Mode und Design in München erhalten, wo wir einen Einblick in die Arbeit der Schüler:innen bekommen haben und wo uns besonders Herr Wagner, selbst Modedesigner, Schneidermeister und Lehrer für Kollektionsgestaltung, Industrieschnitt und Verarbeitungstechnik, tolle Einblicke ermöglicht hat. (Wir haben auch darüber bereits berichtet.)

Hier geht’s jetzt zu unseren Werken und den Konzepten dazu.

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